Technische Zeichnungen in der Cloud: Vor- und Nachteile für Unternehmen

Zugriff in Echtzeit statt Dateiversionierung: Wie Cloud-Lösungen die Zusammenarbeit verändern

Die Art und Weise, wie technische Zeichnungen erstellt, geteilt und bearbeitet werden, hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Während früher lokale CAD-Systeme mit aufwändiger Dateiversionierung und manuellen Freigabeprozessen dominierten, gewinnen Cloud-basierte Lösungen zunehmend an Bedeutung. Der zentrale Unterschied: Statt starrer Dateiordner mit numerierten Versionen ermöglichen moderne Cloud-Plattformen den gleichzeitigen Zugriff mehrerer Nutzer auf ein zentrales Datenmodell – in Echtzeit (vgl. Eastman et al., 2011).

Diese Transformation bringt weitreichende Auswirkungen auf die technische Zusammenarbeit mit sich. Besonders in interdisziplinären Teams – etwa zwischen Konstruktion, Fertigung und Einkauf – entfällt durch die zentrale Datenhaltung der zeitliche Verzug bei Informationsweitergabe. Änderungen an Zeichnungen werden sofort sichtbar, Freigabeprozesse können direkt im System nachvollzogen werden, ohne dass redundante Kopien in Umlauf geraten. Studien zeigen, dass sich durch die Echtzeitfähigkeit Cloud-basierter CAD- und PDM-Systeme (Product Data Management) die Änderungszyklen um bis zu 30 % verkürzen lassen (vgl. Zhao et al., 2015).

Vom Dokument zur kollaborativen Datenstruktur

Ein tieferer Wandel liegt in der strukturellen Verlagerung: Technische Zeichnungen sind in der Cloud nicht mehr bloß Dateien, sondern eingebettet in dynamische Datenstrukturen mit Rechten, Metainformationen und Änderungsverläufen. Dies ermöglicht automatisierte Workflows, zum Beispiel bei der Versionsfreigabe oder beim Export in CAM-Systeme. Gleichzeitig werden Benutzerrollen granular verwaltet – von Lesezugriff bis zur Änderung sensibler Geometrieparameter. Diese Flexibilität unterstützt sowohl interne Abstimmungen als auch die Integration externer Dienstleister (vgl. Bozdoc, 2012).

Doch der Wandel erfordert auch eine neue Herangehensweise: Teams müssen lernen, mit offenen Modellen zu arbeiten, in denen Entscheidungen nicht mehr dokumentenbasiert, sondern kontextbezogen und im Fluss getroffen werden. Auch der Umgang mit Datenverantwortung und digitaler Nachvollziehbarkeit – etwa über Audit Trails – rückt stärker in den Fokus.

Echtzeit-Zugriff über Cloud-Plattformen hebt die Zusammenarbeit mit technischen Zeichnungen auf ein neues Niveau. Unternehmen, die diesen Wandel strategisch begleiten, profitieren nicht nur von höherer Geschwindigkeit, sondern auch von transparenteren Prozessen und robusterer Datenqualität – ein echter Wettbewerbsvorteil in der digital vernetzten Produktentwicklung.

Sicherheitsrisiken und Compliance: Was beim Cloud-Einsatz wirklich zu beachten ist

Der Einsatz von Cloud-Technologien in technischen Unternehmen bietet zahlreiche Vorteile: Skalierbarkeit, ortsunabhängiger Zugriff und kollaborative Arbeitsprozesse. Doch mit diesen Chancen gehen auch erhebliche Anforderungen an Informationssicherheit und regulatorische Konformität einher. Insbesondere bei der Verarbeitung sensibler Konstruktions- und Produktdaten sind Unternehmen gefordert, die Sicherheitsarchitektur ihrer Cloud-Lösungen kritisch zu hinterfragen (vgl. Zissis & Lekkas, 2012).

Ein zentrales Risiko liegt in der Datenhoheit. Während lokale Serverlösungen eine physische Kontrolle ermöglichen, ist bei Cloud-Systemen nicht immer eindeutig, wo und wie Daten gespeichert werden. Das ist insbesondere im Hinblick auf die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) relevant. Unternehmen müssen sicherstellen, dass personenbezogene oder unternehmenskritische Daten nur in Ländern verarbeitet werden, die ein angemessenes Datenschutzniveau bieten – ein Aspekt, der insbesondere bei US-amerikanischen Anbietern häufig zu Unsicherheiten führt (vgl. Voigt & von dem Bussche, 2017).

Technische Sicherheitsmaßnahmen reichen nicht aus

Zahlreiche Anbieter werben mit Zertifizierungen wie ISO/IEC 27001 oder SOC 2. Doch der reine Nachweis technischer Sicherheit – etwa durch Verschlüsselung, Firewalls oder Multi-Faktor-Authentifizierung – genügt nicht. Entscheidend ist die organisatorische Integration dieser Maßnahmen in die eigenen Prozesse. Dazu zählen klare Zugriffsrichtlinien, regelmäßige Penetrationstests, Audits und ein strukturiertes Berechtigungsmanagement (vgl. Rittinghouse & Ransome, 2017). Besonders bei der Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern in Cloud-Umgebungen ist ein granular kontrollierbarer Zugriff auf einzelne Datenbereiche unerlässlich.

Zudem muss beachtet werden, dass Compliance weit über Datenschutz hinausgeht. In vielen Branchen gelten branchenspezifische Vorschriften, etwa ISO 9001 im Qualitätsmanagement oder die EN 9100 im Luftfahrtbereich. Cloud-Lösungen müssen die Nachverfolgbarkeit von Änderungen, Revisionssicherheit und Auditierbarkeit gewährleisten – Anforderungen, die nicht jedes System standardmäßig erfüllt.

Auch „Human Risk Factors“ spielen eine Rolle: Fehlkonfigurationen, ungeschulte Mitarbeiter oder mangelndes Sicherheitsbewusstsein zählen laut ENISA (2020) zu den häufigsten Ursachen von Sicherheitsvorfällen im Cloud-Bereich.

Cloud-Technologien sind leistungsfähig, bergen aber sicherheitstechnische und regulatorische Herausforderungen. Unternehmen, die auf Cloud-Lösungen setzen, müssen Sicherheit und Compliance nicht nur technisch umsetzen, sondern organisatorisch durchdringen. Nur so lassen sich Haftungsrisiken minimieren und Vertrauen gegenüber Kunden, Partnern und Regulierungsbehörden langfristig sichern.

Kostenfaktor oder Effizienztreiber? Eine Bilanz der Cloud-Nutzung im Engineering-Alltag

Die Diskussion um Cloud-Technologien im Engineering-Umfeld ist längst nicht mehr nur technischer Natur – sie ist zunehmend wirtschaftlich geprägt. Während sich viele Unternehmen von Cloud-Lösungen Kostenvorteile versprechen, bleibt die Frage: Ist die Cloud tatsächlich ein Effizienztreiber oder entwickelt sie sich langfristig zum Kostenfaktor? Eine differenzierte Betrachtung zeigt, dass die Antwort stark vom Anwendungskontext und der organisatorischen Integration abhängt.

Im klassischen Engineering-Alltag – etwa in der Konstruktion, Simulation und im Datenmanagement – bietet die Cloud vor allem operative Vorteile. Durch den Wegfall lokaler IT-Infrastruktur entfallen Investitionen in Serverhardware, Wartung und Lizenzmanagement. Stattdessen werden Dienste nach Bedarf skaliert und nutzungsbasiert abgerechnet, was die Fixkosten deutlich senken kann (vgl. Armbrust et al., 2010). Studien zeigen, dass besonders kleine und mittelständische Unternehmen durch „Infrastructure as a Service“ (IaaS) Einsparungen von bis zu 25 % gegenüber traditionellen IT-Modellen erzielen (vgl. Heininger & Hölzle, 2018).

Produktivität durch integrierte Workflows und Datenverfügbarkeit

Doch jenseits der reinen Kostensicht entfaltet die Cloud ihr größtes Potenzial in Form von Effizienzgewinnen. Echtzeit-Zugriff auf technische Zeichnungen, CAD-Dateien oder Projektstände fördert die bereichsübergreifende Zusammenarbeit, insbesondere in verteilten Teams. Cloud-Plattformen ermöglichen automatisierte Prozesse – etwa beim Änderungsmanagement oder bei der Freigabe von Konstruktionsständen – und reduzieren manuelle Koordinationsaufwände erheblich (vgl. Eastman et al., 2011). Der sogenannte „Digital Thread“, also die durchgehende digitale Informationskette vom Entwurf bis zur Fertigung, lässt sich durch Cloud-Technologien deutlich robuster abbilden.

Gleichzeitig darf nicht übersehen werden, dass unkontrolliertes Wachstum der Cloud-Nutzung sogenannte „Shadow-IT“-Strukturen fördern kann, die sowohl die Kosten als auch die Datensicherheit untergraben. Eine erfolgreiche Bilanz der Cloud-Nutzung hängt daher stark vom Vorhandensein eines Cloud-Governance-Modells ab – also klaren Regeln für die Nutzung, Budgetierung und Kontrolle cloudbasierter Dienste (vgl. Weill & Woerner, 2015).

Fazit:

Die Cloud ist kein pauschaler Kostensenker, aber ein strategischer Effizienztreiber, wenn sie richtig eingesetzt wird. Unternehmen, die ihre Cloud-Nutzung gezielt steuern, profitieren nicht nur von reduzierten IT-Aufwänden, sondern auch von beschleunigten Produktentwicklungszyklen und gesteigerter Innovationskraft.

  • Quellenhinweise:
  • Eastman, C., Teicholz, P., Sacks, R., & Liston, K. (2011). BIM Handbook: A Guide to Building Information Modeling. Wiley.
  • Zhao, Y., Liu, Y., & Song, W. (2015). Cloud-based collaborative design and manufacturing: A framework and review. International Journal of Advanced Manufacturing Technology.
  • Bozdoc, M. (2012). The Product Data Management Handbook. Engineering Books Publishing.
  • Armbrust, M. et al. (2010). A View of Cloud Computing. Communications of the ACM.
  • Heininger, R., & Hölzle, K. (2018). Cloud Computing in der industriellen Produktentwicklung. Springer Gabler.
  • Eastman, C., Teicholz, P., Sacks, R., & Liston, K. (2011). BIM Handbook. Wiley.
  • Weill, P., & Woerner, S. (2015). Thriving in the Digital Ecosystem. MIT Sloan Management Review.

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